In allen Bundesländern sind die Schwerbehindertenvertretungen des öffentlichen Dienstes der Länder in Landesarbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen. In der AGSV Länder sind die 16 Vorsitzenden der einzelnen Länderar-beitsgemeinschaften vereint. Die AGSV Länder vertritt damit die Interessen der behinderten und schwerbehinderten Beschäftigten aus dem öffentlichen Dienst aller Bundesländer.
Ziele der AGSV Länder sind u. a.:
Aus den gesammelten Erfahrungen der Schwerbehindertenvertretungen der Bundesländer gibt es Handlungsbedarf zur Weiterentwicklung insbesondere des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch – SGB IX.
Im Einzelnen schlagen wir folgendes vor:
1. |
Erhöhung der Beschäftigungsquote |
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1.1 |
Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen |
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Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen § 71 Absatz 1 Satz 1 SGB IX wird neu gefasst: „Private und öffentliche Arbeitgeber (Arbeitgeber) mit jahresdurchschnittlich monatlich 20 Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 SGB IX haben auf wenigstens 6 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.“
Begründung |
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1.2 |
Ausgleichsabgabe |
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§ 77 Abs. 2 SGB IX erhält folgende Fassung: „Die Ausgleichsabgabe beträgt je unbesetzten Pflichtarbeitsplatz
Abweichend von Satz 1 beträgt die Ausgleichsabgabe je unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen
Begründung |
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2. |
Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) |
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2.1 |
Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung |
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2.1.1 |
Heranziehung der stellvertretenden Mitglieder |
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§ 95 Abs. 1 es wird folgender neuer Satz 5 eingefügt:
„Ist das herangezogene stellvertretende Mitglied verhindert, so kann die Schwerbehindertenvertretung das mit der nächsthöchsten Stimmzahl gewählte weitere stellvertretende Mitglied heranziehen.“
Begründung |
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2.1.2 |
Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung |
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§ 95 Absatz 2 Satz 2 SGB IX soll wie folgt geändert werden: „Die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung ist unwirksam.“
Begründung |
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2.2 |
Freistellung der Schwerbehindertenvertretung |
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§ 96 Abs. 4 SGB IX soll wie folgt ergänzt bzw. geändert werden:
Folgender Satz 2 soll eingefügt werden: Die Freistellung erhöht sich für je weitere 10 beschäftigte schwerbehinderte Menschen um jeweils 10 Prozent der Arbeitszeit, weitergehende Vereinbarungen sind zulässig“. Die nachfolgenden Satznummern erhöhen sich entsprechend.
Begründung
Durch eine Freistellungsregelung wird gesichert, dass die Schwerbehinderten-vertretung bei der Rechtsentwicklung auf dem neuesten Stand bleibt und hinreichend Zeit hat, sich sachkundig mit den Problemen behinderter Menschen zu befassen. Gleichzeitig wird vermieden, dass Arbeit nicht erledigt werden kann und dies für den/die Betrieb/Dienststelle und für die Schwerbehindertenvertretung nachteilig ist. Ebenso wird gesichert, dass behinderte Menschen die gleichen Arbeitnehmerrechte haben, wie ihre nichtbehinderten Kollegen Vergleichbare Regelungen bestehen bereits in den Bundesländern Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie beim Bundesministerium der Finanzen. |
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2.3 |
Schulungs- und Bildungsmaßnahmen für die stellvertretenden Mitglieder |
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§ 96 Abs. 4 Satz 4 SGB IX soll wie folgt geändert werden: „Satz 3 gilt auch für die stellvertretenden Mitglieder, wenn wegen
die Teilnahme an Bildungs- und Schulungsveranstaltungen erforderlich ist.“
Begründung |
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2.4 |
Kostenerstattung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen für die stellvertretenden Mitglieder |
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2.4.1 |
Teilnahme stellvertretender Mitglieder an Schulungs- und Bildungsmaßnahmen |
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§ 96 Abs. 8 Satz 2 SGB IX soll wie folgt geändert werden: „Das Gleiche gilt für die durch die Teilnahme der stellvertretenden Mitglieder an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nach Absatz 4 Satz 3 entstehenden Kosten.“
Begründung |
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2.4.2 |
Teilnahme stellvertretender Mitglieder an Schulungs- und Bildungsmaßnahmen |
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§ 96 Abs. 9 erhält folgende Fassung: „Die Schwerbehindertenvertretung hat einen eigenständigen Anspruch auf Ausstattung mit Sachmitteln und bei Bedarf mit einem eigenen Büro. Dabei ist darauf zu achten, dass das Büro barrierefrei zugänglich ist. Wenn die Schwerbehindertenvertretung dies wünscht, kann sie die Räume und den Geschäftsbedarf, die der Arbeitgeber dem Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrat für dessen Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung zur Verfügung stellt, für die Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen.“
Begründung |
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2.5 |
Arbeitsgemeinschaften der Länder |
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§ 97 SGB IX soll um folgenden neuen Absatz 9 ergänzt werden: „Bestehen im öffentlichen Dienst eines Bundeslandes mehr als zwei Hauptschwerbehindertenvertretungen können diese zur Wahrnehmung von gemeinsamen Aufgaben eine Arbeitsgemeinschaft bilden. Diese Regelung ist analog auf die Stadtstaaten anzuwenden. Die Länderarbeitsgemeinschaften können sich zur Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen der Länder – AGSV Länder – zusammenschließen.“
Begründung |
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3. |
Wahl und Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung |
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3.1 |
Neuwahl bei Zusammenlegungen von Betrieben oder Dienststellen |
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§ 94 Abs. 5 SGB IX ist um Satz 5 wie folgt zu ergänzen: „Zur Sicherstellung der Schwerbehindertenvertretungen bei Betriebsänderungen oder Verwaltungsreformmaßnahmen finden die für diese Fälle im Betriebsverfassungsgesetz oder den jeweiligen Personalvertretungsgesetzen getroffenen Regelungen entsprechende Anwendung“.
Begründung |
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3.2 |
Wahlverfahren der Schwerbehindertenvertretung |
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§ 94 Abs. 6 SGB IX ist als neuer Satz 4 einzufügen: „Die Entscheidung über die Anwendung des förmlichen Wahlverfahrens bei der Stufenwahl obliegt ausschließlich der amtierenden Schwerbehindertenvertretung. Ist keine amtierende Stufenvertretung vorhanden, entscheidet der Wahlvorstand.“ Die Nummerierung der nachfolgenden Sätze verschiebt sich entsprechend.
Begründung |
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3.3 |
Beginn der Amtszeit |
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§ 94 Abs. 7 Satz 1 SGB IX wird neu gefasst: „Die regelmäßige Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung beträgt vier Jahre und endet am Tag vor Beginn der neuen Amtszeit. Die neue Amtszeit beginnt grundsätzlich auf
Damit entfällt Satz 2.
Begründung |
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4. |
Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen |
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§ 81 Abs. 3 SGB IX soll durch folgende neue Sätze 2 und 3 ergänzt werden: „Insbesondere hat er dafür Sorge zu tragen, dass der Betrieb bzw. die Dienststelle für alle Beschäftigten gleichermaßen und in der üblichen Weise zugänglich und nutzbar ist. Dies gilt entsprechend für die Informations- und Kommunikationstechnik.“
Begründung |
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5. |
Besondere Pflichten der öffentlichen Arbeitgeber - Ausbildung |
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§ 82 SGB IX erhält folgenden neuen Absatz 2: „Um die Chancen behinderter Menschen für einen Ausbildungsplatz zu erhöhen, müssen mindestens 6 Prozent der Ausbildungsplätze des öffentlichen Dienstes für schwerbehinderte Auszubildende / Anwärter/Referendare u. ä. reserviert sein.“
Begründung |
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6. |
Antragsverfahren |
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§ 87 Abs. 1 SGB IX erhält folgenden neuen Satz 3: „Der Arbeitgeber trifft in seinem Antrag eine Aussage zum durchgeführten Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 und 2 SGB IX.“
Begründung |
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7. |
Aufgaben des Integrationsamtes |
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§ 102 Abs. 5 Satz 2 SGB IX es soll folgender Satzteil ersatzlos gestrichen werden: „…eine Aufstockung durch Leistungen des Integrationsamtes findet nicht statt.“
Begründung |
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8. |
Ordnungswidrigkeitsverfahren |
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8.1 |
Ergänzung der sanktionsbewehrten Punkte |
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§ 156 Abs. 1 SGB IX wird um folgenden neuen Punkt ergänzt: „10. entgegen § 84 Abs. 1 SGB IX kein Verfahren durchführt bzw. gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX kein betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten wird.“
Begründung |
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8.2 |
Änderung der Zuständigkeit |
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§ 156 Abs. 3 SGB IX wird neu gefasst: „(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das jeweils zuständige Hauptzollamt (Finanzkontrolle Schwarzarbeit).“
Begründung |
Die UN-BRK unterscheidet nicht zwischen behinderten und schwerbehinderten Menschen. Wir regen deshalb an, das gesamte SGB IX auf die Auswirkungen der UN-BRK zu überprüfen.
In diesem Zusammenhang bitten wir § 2 Abs. 3 SGB IX zu prüfen, ob behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 aber weniger als 50 automatisch gleichgestellt werden können. Dies wäre aus unserer Sicht nicht nur im Lichte der UN-BRK notwendig, sondern würde darüber hinaus erheblichen Verwaltungsaufwand einsparen. Die Auswirkungen auf die Erfüllung der Pflichtquote müssen jedoch berücksichtigt werden. Gerade vor diesem Hintergrund erscheint es umso notwendiger die Pflichtquote und die Ausgleichsabgabe deutlich zu erhöhen.
Bezüglich der Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung wäre zu überlegen, diese denen des Betriebs-, Personal-, Richter- und Präsidialrates des jeweils anzuwendenden Personal- bzw. Betriebsverfassungsgesetzes anzupassen. Davon bleibt die generelle Informationspflicht, in der bisherigen Fassung des § 95 Abs. 2 SGB IX durch den Arbeitgeber, jedoch unberührt.
Des Weiteren regen wir an, das SGB IX auf seine Wirksamkeit hin zu evaluieren.